Mädchen mit einem Heft
©Plan International - Mädchen sind besonders gefährdet, nie mehr zur Schule zurückzukehren.
14.05.2020

Millionen von Mädchen droht Schulabbruch aufgrund von COVID-19

 

Zürich, 14. Mai 2020 Die Kinder in der Schweiz drücken wieder die Schulbank. Doch weltweit gehen immer noch fast 70 Prozent aller Schülerinnen und Schüler aufgrund der Corona-Pandemie nicht zur Schule. Vor allem in Entwicklungsländern laufen viele von ihnen die Gefahr, den Schulanschluss komplett zu verlieren. Gemäss der Mädchenrechtsorganisation Plan International Schweiz sind Mädchen im Sekundarschulalter besonders gefährdet. 

"In den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt sind 111 Millionen Mädchen von Schulschliessungen betroffen*. Dort war der Zugang zu Bildung für Mädchen bereits vor COVID-19 ein Kampf. Mit der aktuellen Krise besteht die Gefahr, dass sie abgehängt werden. Das hätte verheerende Folgen auf ihre Zukunft und würde die Kluft zwischen den Geschlechtern weiter verstärken", erklärt Suba Umathevan, CEO von Plan International Schweiz. 

Schulschliessung bringt soziale Folgen mit sich

Die Auswirkungen der Schulschliessungen gehen über den direkten Verlust von Bildung hinaus. Für viele Kinder ist das Essen in der Schule die einzige warme Mahlzeit am Tag. Eine wichtige Ernährungsquelle, welche die Eltern normalerweise entlastet, fällt weg. Zudem erhalten Mädchen in der Schule häufig Menstruationsprodukte sowie Unterstützung und Information in Bezug auf ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. Dazu gehört auch die Prävention von Kinderheirat.

Erhöhtes Risiko für Teenagerschwangerschaften und Kinderheirat

Die wirtschaftliche Not kann Eltern dazu treiben, ihre Töchter noch minderjährig und gegen ihren Willen zu verheiraten. Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen schätzt, dass COVID-19 zwischen 2020 und 2030 zusätzlich 13 Millionen Kinderheiraten hervorbringen könnte. Während der Ebola-Krise 2014 bis 2016 nahmen die Teenager-Schwangerschaften in besonders betroffenen Regionen um 65 Prozent zu. Viele der Mädchen, die verheiratet oder schwanger wurden, sind nie mehr in die Schule zurückgekehrt. 

Mädchen lernen Zuhause weniger

Schulschliessungen wirken sich nicht nur aufgrund Schwangerschaften und Kinderheiraten anders auf Mädchen aus als auf Jungen: Untersuchungen von Plan International zur Ebola-Krise in Sierra Leone ergaben, dass nur 15 Prozent der Mädchen zu Hause lernten, im Vergleich zu 40 Prozent der Jungen. Aufgrund traditioneller Geschlechternormen müssen Mädchen häufig die alleinige Verantwortung für den Haushalt oder die Pflege kranker Personen übernehmen. Sie haben somit weniger Zeit zum Lernen. 

Kein Zugang zu Online-Unterricht

In den am wenigsten entwickelten Ländern haben nur knapp 12 Prozent der Haushalte Zugang zum Internet. Online-Unterricht wie in der Schweiz ist also kaum möglich. Mädchen sind in dieser Hinsicht noch stärker benachteiligt: In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ist die Wahrscheinlichkeit, ein Smartphone mit Zugang zum Internet zu besitzen, für Jungen fast doppelt so hoch als für Mädchen. In der Schweiz besitzen 99 Prozent der 12- bis 19-jährigen ein Handy/Smartphone.

"COVID-19 könnte die jahrelangen Bemühungen und Erfolge im Kampf für gleichberechtigte Bildung zerstören. Mädchen in den einkommensschwachen Ländern sind in Gefahr, zu den Leidtragenden der Corona-Krise zu werden," befürchtet Suba Umathevan.

Was Plan International Schweiz unternimmt

Plan International Schweiz ist in über 75 Ländern für Mädchenrechte und Gleichberechtigung im Einsatz. Im Bereich Bildung trifft Plan International Schweiz in Bezug auf COVID-19 unter anderem folgende Massnahmen:

  • Bereitstellung von Offline-Lernmodulen für Schülerinnen und Schüler in abgelegenen Gebieten, die keinen Zugang zum Internet haben.
  • Unterstützung von Fernunterricht in 50 Ländern durch virtuelle Lernangebote und Bereitstellung von Lernmaterialien für Zuhause.
  • Mitwirkung bei der Produktion von Lernmaterialien zur Verbreitung in Radio- und Fernsehsendern sowie Sensibilisierung von Familien per SMS und Radio, damit die Kinder an diesen Lernprogrammen teilnehmen.
  • Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen, um den speziellen Bildungsbarrieren von Mädchen während der Krise entgegenzuwirken.
  • Bereitstellung von Menstruationshygienesets inklusive Informationen über COVID-19 und Zugang zu Hotlines und Beratung bezüglich geschlechtsspezifischer Gewalt und sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte.
  • Mobilisierung von Jugendlichen, inkl. Mädchen, zur gegenseitigen Unterstützung und Verbreitung von Schlüsselbotschaften (z.B. zur Prävention von Kinderheirat) durch SMS, WhatsApp-Gruppen, soziale Medien und Radio
  • Mobilisierung von Jungen und Männern als "Change Agents", die Frauen und Mädchen mit häuslichen Aufgaben wie Wasser- und Brennholzbeschaffung, Alten- und Krankenpflege entlasten
  • "Back to school"-Kampagnen in den Gemeinden und bei Entscheidungsträgern, um Mädchen, einschliesslich junge Mütter, zurück in die Schule zu bringen

*UNESCO, Stand 6. April 2020

Wie erleben Mädchen weltweit die Coronakrise? Zitate und Bilder zum Download für Medienschaffende

Plan International Schweiz ist eine unabhängige Non-Profit Organisation, die sich für Gleichberechtigung und Mädchenrechte in verschiedenen Teilen der Welt einsetzt. Mit ihren Programmen schafft Plan International Schweiz die Voraussetzungen dafür, dass heranwachsende Mädchen und junge Erwachsene gebildet, sicher und wirtschaftlich gestärkt sind.


Für weitere Informationen:

Suba Umathevan
CEO Plan International Schweiz
079 297 62 65
suba.umathevan@plan.ch 

Michèle Jöhr (Mo-Do)
Mitarbeiterin Kommunikation

044 288 90 54
michele.joehr@plan.ch 


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