Gaza, 5 April 2024 – Eine «kolossale» Aufstockung der humanitären Hilfe für den Gazastreifen ist sofort erforderlich, um das unnötige Sterben von Kindern zu verhindern, ihre Würde wiederherzustellen und psychologisches Leid zu lindern, warnt die Kinderrechtsorganisation Plan International.
An diesem Sonntag (7. April) sind es 6 Monate seit Beginn der israelischen Militäroffensive als Reaktion auf den Angriff einer bewaffneten palästinensischen Gruppe vom 7. Oktober, bei dem 1200 Menschen in Israel getötet wurden. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wird die Zahl der Toten im Gazastreifen inzwischen auf über 32 000 geschätzt, darunter 13 000 Kinder. Man geht davon aus, dass im Gazastreifen noch immer mehr als 100 Menschen als Geiseln festgehalten werden.
Sechs Monate ständiger Luftangriffe haben dazu geführt, dass fast die gesamte Zivilbevölkerung des Gazastreifens auf humanitäre Hilfe angewiesen ist, um zu überleben. Die Hilfsorganisationen konnten jedoch nur die Erlaubnis aushandeln, einen kleinen Teil der für die Versorgung der 2,1 Millionen Menschen im Gazastreifen erforderlichen Güter zu liefern.
Der Rückzug mehrerer Nichtregierungsorganisationen aus dem Gazastreifen, nachdem am Dienstag (2. April) sieben Mitarbeiter:innen der World Central Kitchen bei einem Luftangriff getötet wurden, wird die ohnehin schon verzweifelte Lage weiter verschärfen, warnt Plan International. Gemeinsam mit humanitären Organisationen und Menschenrechtsorganisationen in aller Welt fordert die Organisation alle Konfliktparteien auf, die Sicherheit von Helfern und Zivilisten im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht zu gewährleisten.
Nahrungsmittelknappheit und drohende Hungersnot
Letzten Monat sagte die IPC-Partnerschaft* voraus, dass die Nahrungsmittelknappheit, die durch Israels Beschränkungen der Hilfslieferungen und die anhaltenden militärischen Angriffe verursacht wird, dazu führen könnte, dass es im Gazastreifen bis Mai zu einer Hungersnot kommt. Nach Angaben von Plan International wird jedes Kind, das durch einen Luftangriff, Hunger oder fehlende medizinische Versorgung in Lebensgefahr gerät, durch den Tod von Familienangehörigen oder Freunden, durch lebensverändernde Verletzungen und durch den Entzug der grundlegenden Kindheitserfahrungen langfristig psychisch geschädigt.
Im März fuhren durchschnittlich 161 Hilfsgütertransporter pro Tag in den Gazastreifen - weit weniger als die Kapazität der Grenzübergänge Kerem Shalom und Rafah zusammen, die bei 500 pro Tag liegt.
Dr. Unni Krishnan, Direktor für humanitäre Hilfe bei Plan International, sagt: «Den Kindern im Gazastreifen läuft die Zeit davon. Nur wenige Autominuten von Rafah entfernt, wo Familien unter unvorstellbaren und rudimentären Bedingungen untergebracht sind, befinden sich Tausende von Lastwagen mit Lebensmitteln und anderen lebensrettenden Gütern. Es ist absolut entscheidend, dass der sichere humanitäre Zugang zum Gazastreifen schnellstmöglich gewährleistet wird, damit die Hilfsorganisationen die dringend benötigte Zivilbevölkerung, insbesondere unterernährte Kinder und schwangere Frauen, beliefern können.»
«Der Gazastreifen gilt derzeit als der komplizierteste Ort für humanitäre Hilfe in der Welt. Es ist der gefährlichste Ort der Welt, um ein Kind oder Entwicklungshelfer:in zu sein. Wir wissen aus Erfahrung, dass die katastrophalen psychologischen Auswirkungen des Krieges die Kinder und ihre Betreuer:innen noch lange nach Beendigung der Kampfhandlungen verfolgen werden. Ein 18-Jähriger, der heute in Gaza lebt, hat den Konflikt 2006, 2008, 2012, 2014, 2021 und nun seit Oktober 2023 miterlebt und dabei Dinge gesehen, die kein Kind je erleben sollte. Dies hat einen tiefgreifenden Einfluss auf ein junges Gemüt. Plan International fordert alle Parteien auf, einen sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer:innen und lebenswichtige Hilfsgüter in Gaza zu gewährleisten, sowie einen dauerhaften, vollständigen und sofortigen Waffenstillstand, da dies der einzige Weg ist, dem Leiden wirklich ein Ende zu setzen.