Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die unfassbare menschliche Krise im Gazastreifen zu bewältigen, schreibt Killen Otieno, Leiter der Global Rapid Response and Readiness Unit von Plan International.
Was sich in Gaza abspielt, ist nicht nur eine humanitäre, sondern eine menschliche Katastrophe von unvorstellbarem Ausmass. Über 36.000 Menschen wurden in acht Monaten getötet, und Tausende von Mädchen und Jungen wurden Opfer der Gewalt. Schätzungsweise zwei Drittel der Getöteten sind Frauen und Kinder. Der psychologische Tribut dieses andauernden Krieges, insbesondere für Kinder, ist unvorstellbar.
Im letzten Monat führte die Ausweitung der israelischen Militäroperationen auf Rafah nach Angaben der Vereinten Nationen zur Vertreibung von über 300.000 Menschen. Dies ist nur ein Beispiel für die vielen Verstösse gegen das Völkerrecht, die in den letzten sieben Monaten stattgefunden haben.
Drohende Hungersnot
Die Zerstörung im Gazastreifen ist erschütternd. Sechzig Prozent der Wohnhäuser liegen in Trümmern, während der Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wasser, Nahrung und Strom zum Luxus geworden ist. Das Bildungs- und das Gesundheitssystem, einst Säulen der Gesellschaft, wurden dezimiert. Hunderttausende von Kindern sind von einer Hungersnot bedroht. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Gaza sind 27 Kinder an Unterernährung und Dehydrierung gestorben.
Die Blockade lebenswichtiger Versorgungswege verschlimmert das Leiden unschuldiger Zivilist:innen noch weiter, da sie keinen Zugang zu lebensrettender Hilfe haben.
Die Dringlichkeit wird noch dadurch verstärkt, dass die wichtigsten Versorgungswege für humanitäre Hilfe, nämlich die Grenzübergänge Rafah und Kerem Shalom, stark eingeschränkt oder geschlossen sind. Die Blockade dieser lebenswichtigen Verbindungen verschlimmert das Leiden unschuldiger Zivilisten noch weiter, da sie keinen Zugang zu lebensrettender Hilfe haben. Plan International und andere humanitäre Organisationen haben Lastwagenkonvois mit Hilfsgütern beladen, die nun aufgrund der anhaltenden Blockade am Grenzübergang Rafah festsitzen.
Sofortiger Waffenstillstand
Es ist offensichtlich, dass die derzeitige Situation in Gaza unhaltbar und brutal ist. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um diese menschliche Krise zu bewältigen und den Menschen in Gaza Erleichterung zu verschaffen. Die Regierungen müssen die Waffenlieferungen sofort stoppen. Es ist zu spät, um die Tausende von Zivilisten zu retten, die in ihren Häusern, Krankenhäusern und Schulen getötet wurden, aber es ist nicht zu spät, um weiteres Leid zu verhindern.
Als besorgte Weltbürger und als Plan International müssen wir weiterhin unsere Stimme erheben, um einen sofortigen, bedingungslosen und dauerhaften Waffenstillstand zu fordern und die Staats- und Regierungschefs der Welt aufzufordern, dem Schutz der Zivilbevölkerung und der Bereitstellung ungehinderter humanitärer Hilfe für den Gazastreifen Priorität einzuräumen. Jedes verlorene Leben ist eine Tragödie, und jedes Kind, das seiner Zukunft beraubt wird, ist ein Versagen der Menschheit.
Gemeinsam können wir etwas bewirken, wenn wir einen dauerhaften Waffenstillstand fordern und auf eine friedliche Lösung hinarbeiten, um das Leiden der Zivilbevölkerung zu beenden und dieser umkämpften Region wieder Hoffnung zu geben.
Meine Zeit im Nahen Osten
In meiner Funktion als Gaza Emergency Response Manager für Plan International habe ich mit Plan International Jordanien zusammengearbeitet und hatte die tiefgreifende und demütigende Erfahrung, mit verschiedenen humanitären Organisationen zusammenzutreffen, die unter schwierigsten Bedingungen in Gaza arbeiten. Diese Begegnungen haben meine Sichtweise und die Daten, die ich während meiner Arbeit am Nothilfeplan für Gaza gesammelt habe, stark beeinflusst.
Die Widerstandsfähigkeit und das Engagement dieser Organisationen sind schlichtweg aussergewöhnlich. Trotz der unerbittlichen Hindernisse halten sie an ihrer Mission fest, einer Bevölkerung in grösster Not Hilfe und Hoffnung zu bringen. Ihre Geschichten, gepaart mit den nackten Tatsachen vor Ort, unterstreichen die Dringlichkeit sofortigen globalen Handelns.
Als jemand, der sich intensiv an diesen Bemühungen beteiligt, fordere ich alle auf, den Ernst der Lage zu erkennen und sich für die dringend erforderlichen Massnahmen zur Linderung des Leids in Gaza einzusetzen. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.