Wie sich die Krise im Sudan entwickelt, von Syed Mohammed Aftab Alam, Leiter der Global Hunger Response and Resilience Unit von Plan International.
Der Sudan hat sich seit meinem letzten Besuch im Jahr 2018 verändert. Diesmal reiste ich über Port Sudan und nicht über Khartum ein, und ich reiste nach Kassala und Gedaref, statt nach Weisser Nil und Darfur. Ich war überrascht von der Anzahl der Dokumente, die mein Kollege Ali, der mich auch 2018 begleitete, mit sich führte. «Du wirst erstaunt sein, wie viele Kontrollpunkte es auf den Strassen gibt», sagte er, und er hatte völlig Recht. Die zahlreichen Strassenkontrollen unterstrichen die starken Veränderungen im Sudan in den letzten sieben Jahren.
Henna, ein Vertriebener, der in der Abu Anneja-Sammelstelle in Gedaref lebt, sagte: «Wegen des andauernden Konflikts musste ich schon mehrmals meine Unterkunft wechseln. Ich wünschte, ich könnte mich dauerhaft in Frieden niederlassen. Wie lange werde ich noch umziehen müssen?» Seit 2023 ist sie dreimal umgezogen, zuerst von Khartum, dann über Al Jazeera, bis sie schliesslich in Gedaref ankam. Jetzt versucht sie, sich in einer halbpermanenten Unterkunft einzurichten. Sie hat sich einen schönen Raum mit Gemälden und einem kleinen Gemüsegarten eingerichtet, in dem sie Gemüse und Blumen anbaut und dafür Saatgut aus ihrer Gastgemeinde in Al Jazeera verwendet.
Das Leben bleibt ungewiss
Dennoch bleibt das Leben für die Kinder und Jugendlichen, die dort leben, ungewiss. Eine besondere Herausforderung ist die Situation für Mädchen, die zusätzlich gefährdet sind. Durch den Konflikt hat sich die humanitäre Lage erheblich verschlechtert. Es gibt eklatante Lücken bei der Nahrungsmittelhilfe, der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung, der Hygiene und den Schutzdiensten. Eine der dringlichsten Forderungen von Vertriebenen, insbesondere von Frauen und jungen Mädchen, ist die Bereitstellung von Bargeld. «Ich habe vor sechs Wochen Lebensmittel von Plan International Sudan erhalten», sagt Henna, «und sie reichten nur für drei Wochen. Ich brauche 'garoosh' (Bargeld in sudanesischem Arabisch) - es ist lebenswichtig. Ich brauche Geld für Lebensmittel, Proteine und Medikamente.»
Heranwachsende Mädchen und Frauen haben auch ernsthafte Bedenken hinsichtlich ihrer Privatsphäre und ihrer Würde geäussert, die auf den schlechten Zustand der Toiletten und Waschräume zurückzuführen sind, die alle nicht überdacht sind. Etwa dreissig Prozent der Menschen hier haben begonnen, in den Staat Al Jazeera zurückzukehren, den die meisten als ihren Herkunftsort betrachten. Dies hat bei den Zurückgebliebenen ein Gefühl der Verzweiflung ausgelöst, da sie beobachten, wie ihre sudanesischen Landsleute in die von den Behörden als «sicher» bezeichneten Gebiete zurückkehren. Viele können jedoch nicht zurückkehren, weil ihre Herkunftsorte aufgrund von Landminen immer noch unsicher* sind oder weil ihnen einfach die finanziellen Mittel fehlen. Hier kostet die Reise für eine fünfköpfige Familie mindestens 200.000 bis 300.000 sudanesische Pfund (100 bis 150 US-Dollar).
Die am schnellsten wachsende Vertreibungskrise
Der im April 2023 ausgebrochene Konflikt im Sudan hat sich zur weltweit am schnellsten wachsenden Vertreibungskrise und zur grössten globalen Hungerkrise entwickelt. Im März 2025 waren 8,5 Millionen Menschen Binnenvertriebene seit April 2023 , während weitere 3,5 Millionen Sudanesen in Nachbarländer geflohen sind, darunter Tschad, Südsudan, Ägypten, Äthiopien, Libyen, Uganda und die Zentralafrikanische Republik (ZAR).
Heute ist jede:r vierte Sudanes:in ein:e Vertriebene:r, und ein:e von sechs Vertriebenen weltweit ist Sudanes:in. Der Beauftragte für humanitäre Hilfe (HAC) in Gedaref schätzt, dass die Zahl der Rückkehrenden bis Ende Februar auf vierzig Prozent ansteigen wird. Die restlichen sechzig Prozent werden darauf warten, dass Khartum für sicher erklärt wird, was voraussichtlich länger dauern wird.
Einer von sechs Vertriebenen weltweit ist Sudanese
Der Sudan gehört heute zu den vier Ländern mit der höchsten Prävalenz akuter Unterernährung (GAM) weltweit. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung - fast 26 Millionen Menschen - ist von akutem Hunger betroffen. Fast fünf Millionen Kinder, schwangere Frauen und stillende Mütter sind akut unterernährt, und der Sudan hat auch mit zahlreichen Krankheitsausbrüchen zu kämpfen, darunter Cholera, Malaria, Dengue-Fieber, Masern und Röteln.
Der IPC-Ausschuss für die Überprüfung der Hungersnot meldet eine Hungersnot in mindestens fünf Gebieten und sagt voraus, dass fünf weitere Gebiete zwischen Dezember 2024 und Mai 2025 von einer Hungersnot betroffen sein werden. Derzeit sind 638.000 Menschen unmittelbar vom Hungertod bedroht (IPC-Phase 5). In Nord-Darfur und den westlichen Nuba-Bergen herrschen bereits Hungersnotbedingungen. Die sudanesische Regierung hat jedoch die Einstufung der Krise als Hungersnot durch die IPC abgelehnt.
Wie Plan Mädchen im Sudan unterstützt
Plan International Sudan wird lebensrettenden Massnahmen Vorrang einräumen, insbesondere der Nahrungsmittelhilfe in Lagern und Sammelstellen durch die Verteilung von Bargeld. Die Organisation wird sich auch auf die Verbesserung der Toilettenanlagen konzentrieren, um die Privatsphäre, die Würde und den Schutz von heranwachsenden Mädchen und Frauen zu verbessern. In den Worten von Mohammed Kamal: «Wir müssen auf die lebensrettenden Bedürfnisse mit einem integrierten Ansatz reagieren, der damit beginnt, leere Mägen zu füllen».
Henna träumt davon, bald nach Hause zurückzukehren. Sie hofft, drei Mahlzeiten am Tag zu bekommen, ihr Haus wieder aufzubauen, ihr Vieh wiederzubekommen, ihre Felder zu bestellen, Getreide anzubauen und ihre Kinder wieder zur Schule zu schicken.